Diese große Darstellung des Sündenfalls aus dem 16. Jahrhundert zeigt uns den entscheidenden Moment, in dem das Böse auf die Erde kam. Adam steht links, Eva rechts neben dem Baum. Sie gibt Adam einen Apfel und pflückt einen weiteren für sich selbst. Währenddessen windet sich die Schlange um den Stamm des Baumes und flüstert Eva etwas ins Ohr. Der Vorder- und der Hintergrund geben uns einen Einblick in den Garten Eden, das Paradies, wo verschiedene Tiere durch eine parkähnliche Landschaft laufen. Der hübsche Vogel und die Eidechse im Vordergrund verleihen dem Bild eine starke Tiefenwirkung.
Der biblischen Erzählung im Buch Genesis zufolge lebten Adam und Eva im Garten Eden. Irgendwann wurde die erste Frau, Eva, von einer Schlange dazu verleitet, eine Frucht vom Baum der Erkenntnis zu essen. Gott hatte Adam verboten, von den Früchten dieses Baumes zu essen, und ihn gewarnt, dass sie sterben würden, wenn sie es trotzdem täten. Die Schlange behauptete jedoch, dass sie nicht sterben, sondern ihnen die Augen aufgehen würden und sie wie Gott sein und das Wissen über Gut und Böse haben würden. Die Früchte des Baumes waren sehr anziehend, vollreif und farbenfroh. Sie waren auch wegen der angeblichen Weisheit, die die Schlange versprach, begehrenswert. Eva nahm einen Bissen und gab auch Adam eine Frucht, der ebenfalls einen Bissen nahm. In der Kunst wird diese Frucht oft als Apfel dargestellt. Dies liegt vermutlich daran, dass das lateinische Wort „malus“ sowohl Apfelbaum als auch schlecht bedeuten kann.
Dies ist als der Sündenfall bekannt. Adam und Eva zeigen, dass sie der Versuchung des Bösen nicht widerstehen können und ihr nachzugeben ihnen wichtiger ist als ihr Vertrauen in Gott und ihre Treue zu ihm – obwohl er ihnen ein Leben im Paradies geschenkt hat. Sie sind ihm gegenüber nicht dankbar und nicht gehorsam, sondern rebellisch und wollen sein wie Gott selbst. Sie möchten selbst entscheiden, was gut und was böse ist.
Die Folgen sind gewaltig: Ihre Beziehung zu Gott nimmt Schaden. Plötzlich sehen sie die Nacktheit des jeweils anderen und schämen sich dafür. Sie bedecken ihre Blöße mit Blättern und verstecken sich vor Gott. Von jetzt an ist das Böse im Herzen des Menschen, auch sterblich ist er nun. Der Mensch ist ins Unglück gestürzt. Trotz ihres Ungehorsams ruft Gott Adam und Eva zu sich. Das ist die Gnade Gottes. Er fragt sie, ob sie von dem Baum gegessen haben. Sofort offenbart sich das Böse im Menschen: Adam gibt Eva die Schuld und Eva beschuldigt die Schlange.
Der im 16. Jahrhundert lebende Betrachter dieses Gemäldes war sich des oben Geschilderten und dessen, dass der Mensch so sterblich geworden ist, sehr bewusst. In der Vorstellung des damaligen Betrachters neigt der Mensch seit dem Sündenfall dazu, die Schuld auf andere zu schieben, anstatt seine Schuld oder Sünde ehrlich zuzugeben. Der christlichen Lehre nach ist durch den Sündenfall die Erbsünde entstanden, die Sündhaftigkeit, die allen Menschen als Nachkommen von Adam und Eva von Geburt an anhaftet. In der Kunst des 16. und 17. Jahrhunderts war das Thema sehr populär und wurde häufig dargestellt, besonders in der Druckkunst des sechzehnten Jahrhunderts wurde es immer wieder aufgegriffen.
Dieses Bild zeigt den Moment, in dem Eva Adam den Apfel gibt. Sie hat bereits von der Frucht gegessen und bedeckt ihre Blöße. Adam wird als ein muskulöser, starker und gesunder Mann gezeigt. Das gehörte zu der Zeit zu der Darstellung. Der weiche und schwache Frauenkörper sollte im Kontrast zur Stärke des Mannes stehen, was hier durch Evas milchig-weiße Hautfarbe unterstrichen wird.
Die traditionelle Komposition von Adam und Eva beiderseits des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse geht auf einen Druck von Albrecht Dürer aus dem Jahr 1504 zurück. Das Bild zeigt den Baum, der sich in der Mitte des Gartens Eden befindet, im Bildzentrum und Adam und Eva links bzw. rechts von ihm.
Adam steht wie in Dürers Druck mit zur Seite gerichtetem Blick da und hat seinen rechten Arm um einen Ast geschlungen. Seine linke Hand streckt er Eva entgegen. Das Bemerkenswerte an diesem Bild ist, dass der Maler ursprünglich daran gedacht hatte, Adam rechts des Baumes und Eva links zu platzieren: Hinter Evas Kopf befindet sich ein gemalter Kopf von Adam. Auch der Kopf der Schlange zeigte zunächst in die entgegengesetzte Richtung und schlängelte sich anders um den Stamm. Diese erste Komposition kommt in der Kunst vor – Lucas van Leyden schuf einen Druck, auf dem Adam rechts vor dem Betrachter steht –, sie ist jedoch deutlich seltener. Die Gründe für den Sinneswandel des Malers sind noch nicht bekannt, es ist jedoch vorstellbar, dass der Auftraggeber mit einer in seinen Augen abweichenden Komposition nicht einverstanden war.
Die Figur der Eva hat große Ähnlichkeit mit einem Druck von Crispijn de Passe nach Martin de Vos, der erstmals 1574 erschien. Dort reicht sie Adam auf die gleiche Art und Weise einen Apfel, während sie einen zweiten pflückt, jedoch ist ihre Körperhaltung anders.
Die Eidechse im Vordergrund ist ein Motiv, das nur von einem Druck von Hans Sebald Beham bekannt ist. Der kleine Vogel ist eine originäre Schöpfung des Künstlers.
Eine dendrochronologische Untersuchung hat ergeben, dass das Paneel nach 1549 bemalt werden konnte, allerdings ist aufgrund der Pose von Adam und Eva eine Datierung auf etwa 1575 logischer. Der noch anonyme Maler schuf diese großformatige Darstellung des Sündenfalls auf eine sehr individuelle, aber zur vorhandenen Bildtradition passende Art.
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