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Duo-Gemälde: Porträt eines unbekannten Mannes / Meereslandschaft mit Booten auf stürmischer See



Duo-Gemälde: Porträt eines unbekannten Mannes / Meereslandschaft mit Booten auf stürmischer See

Porträt: Umfeld von Isaack Luttichuys (geb. 1616 in London, gest. 1673 in Amsterdam), ca. 1655-1660
Meereslandschaft: Nachahmer Ludolf Bakhuizen (geb. 1630 in Emden, gest. 1708 in Amsterdam), ca. 1690-1700.
Verso: Label: „L. Bakhuisen – Fishing boats in a heavy swell – on panel – 10 inch by 13 inch – From the collection of H.W. Leigh Bennet, Esq.“. Stempel: „42176“ und „766D“

Eine nachhaltige Wiederverwendung von Materialien gibt es schon seit Jahrhunderten, wie dieses Duo-Gemälde beweist. Das Porträt eines unbekannten Mannes wurde zwischen circa 1655 und 1660 auf Paneel gemalt. Etwa 30 bis 40 Jahre später wurde ein Teil dieses Porträts ausgesägt und mit einer Meereslandschaft übermalt. Über den Grund für die Wiederverwendung der Tafel durch Übermalen des Porträts kann nur spekuliert werden.

Der Kopf des porträtierten unbekannten Mannes ist leicht nach links gedreht. Seiner eleganten Kleidung und Frisur nach zu urteilen, gehörte er zweifellos der modebewussten Mittelschicht an. Obwohl nur ein Fragment des einstmals größeren Porträts, das abgeschnitten wurde, sichtbar ist, lässt sich ein flacher Kragen aus feiner, durchscheinender Spitze mit einem Rand aus gröberer Spitze erkennen. Diese Art von Kragen war in der Zeit von 1640 bis 1660 in Mode. Der Mann trägt Schnurr- und Spitzbart, sein dunkles Haar ist halblang und reicht bis knapp über die Schulter, wie es bei den wohlhabenden jüngeren Einwohnern der Republik ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts populär war.

Am Malstil und an der Ausarbeitung der Details ist der Einfluss von Isaack Luttichuys (geb. 1616 in London, gest. 1673 in Amsterdam) spürbar. Dieser zu seiner Zeit populäre, heute aber etwas weniger bekannte Künstler wurde in London geboren. Später ließ er sich in Amsterdam nieder, wo er Anfang der 1630er Jahre zum Porträtmaler ausgebildet wurde, also zu der Zeit, als Rembrandt den Amsterdamer Porträtmarkt eroberte. Sich auf Porträts zu spezialisieren, war eine kluge Entscheidung, denn die Porträtmalerei entwickelte sich in der wohlhabenden Republik der Vereinigten Niederlande des 17. Jahrhunderts zu einem bedeutenden Spezialgebiet. Für viele Maler waren Auftragsporträts die wichtigste Einkommensquelle. Die sehr hohe Anzahl von Auftraggebern, die sich auf die großen Städte Amsterdam, Leiden und Den Haag verteilten, hing mit dem Handelsaufschwung und der Staatsverfassung zusammen. Die Nachfrage muss fast unstillbar gewesen sein. Luttichuys verbrachte den größten Teil seines Lebens in Amsterdam, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1673 hauptsächlich als Porträtmaler tätig war.  

Isaack Luttichuysʼ erfolgreichste und produktivste Phase als Künstler war die Zeit von den frühen 1650er bis zu den späten 1660er Jahren. In dieser Periode hatten feste Formen und Konturen, eine kühle Tonalität und helles Tageslicht Rembrandts Malweise, die warmen Farben und die Hell-dunkel-Effekte ersetzt. Einige Merkmale des Porträts eines unbekannten Mannes erinnern an den Stil der Porträts von Luttichuys aus diesen Jahren. Das von links oben beleuchtete Gesicht der dargestellten Person wird subtil durch Licht- und Schattenpartien modelliert. Sorgfältige hellgelbe Pinselstriche in der Darstellung des Gesichts schaffen eine gleichmäßige, aber lebendige Oberfläche. Charakteristisch ist auch die Betonung der Augen durch scharfe Konturen und Lichtreflexe mit einem weißen oder hellblauen Streifen entlang des unteren Augenlids, der die glänzende Oberfläche des Augapfels wieder aufgreift. Die Lippen sind betont und enden an den Seiten in geraden dunklen Linien. Am auffälligsten ist die Art und Weise, wie die braunen Haarsträhnen, die bis zu den Schultern reichen, ausgearbeitet sind: detailliert gemalt, aber mit unscharfen Konturen und verwischt.
Es ist nicht ganz klar, wann genau das Porträt beschnitten, um 90 Grad gedreht und mit einer Meereslandschaft übermalt wurde. Der Stil des Seestücks erinnert an den eines anderen Amsterdamer Künstlers: Ludolf Bakhuizen (geb. 1630 in Emden, gest. 1708 in Amsterdam).

Bakhuizen war einer der bedeutendsten Maler von Seestücken im Holland des siebzehnten Jahrhunderts. Laut Arnold Houbraken, dem Biographen von niederländischen Malern des siebzehnten Jahrhunderts, begann er seine Laufbahn als Schüler von Allart van Everdingen und lernte später bei Hendrick Dubbels. Mit dem Wiederaufflammen der Feindseligkeiten zwischen den Niederlanden und England im Jahr 1672 und dem Umzug der van de Veldes nach England wurde Bakhuizen zum bedeutendsten Marinemaler in Amsterdam. Durch seinen Erfolg wurden viele der wichtigsten Förderer in Europa auf ihn aufmerksam.

Obwohl der relativ ruhige blaue Himmel über dem Meer nicht bedrohlich wirkt, sehen wir ein Fischerboot, eine so genannte „Pinke“ und ein „Wijdschip“ auf stürmischer See, die einen erbitterten Kampf mit den Elementen führen. Scharfes Seitenlicht fällt auf die geblähten Segel, deren Farbe in den weißen Wellenkämmen mit spritzenden Schaumkronen glänzt. Der Lichteffekt auf den silbrig-graugrünen Wellen verstärkt die Tiefenwirkung der Komposition.

Dieses maritime Gemälde erinnert an van Bakhuizens Kompositionen aus der Zeit nach 1665, in denen die Farben leuchtender und die Atmosphäre dramatischer werden. Im Gegensatz zu Vater und Sohn van de Velde, die sich mehr mit der Wiedergabe der technischen Aspekte von Segelschiffen und Seeschlachten beschäftigten, stellte Bakhuizen das sich ständig ändernde Wetter und den schönen Himmel in den Niederlanden dar. Houbraken betonte, dass sich Bakhuizen vor allen Dingen zum Malen von Stürmen hingezogen fühlte. Das vorliegende Werk stammt aus den letzten Jahrzehnten der Schaffenszeit Bakhuizens. Die silbrigen, monochromen Arbeiten aus seinen früheren Jahren hatte er zugunsten der leuchtenden Farben, die hier zu sehen sind, aufgegeben.

Das Porträt auf diesem Duo-Gemälde muss lange Zeit gut verborgen gewesen sein. Im Auktionskatalog von John Morant et al. (Datum unbekannt), Sotheby London, 17. Oktober 1952, wird ein Seestück von Ludolf Bakhuizen aufgeführt, das aus der Sammlung von H. W. Leigh-Bennett stammt, eine ähnliche Größe hat und ein ähnliches Motiv zeigt, aber kein Porträt ist. Das bedeutet, dass das Porträt auf jeden Fall nicht vor 1952 sichtbar gemacht worden ist.

Littérature:
A. Houbraken, De groote schouburgh der Nederlandtsche kontschilders en schilderessen, Amsterdam, II, 1718-21, pp. 236-44.
W.R. Valentiner, 'Isaac Luttichuys. A little known Dutch portrait painter', in: The Art Quarterly, 1/3, 1938, pp. 177-8.
G. de Beer, Ludolf Backhuysen (1630-1708): Sein Leben und Werk, Zwolle, 2002.
Bernd Ebert, Simon und Isaack Luttichuys: Monographie mit kritischem Werkverzeichnis, Berlin/Munich 2009, pp. 33-44, 54-58.
Carina Fryklund, ‘Two Male Portraits by Dutch Artists’, Art Bulletin of Nationalmuseum Stockholm, Volume 23 (2016), pp. 13-18.

Duo-Gemälde: Porträt eines unbekannten Mannes / Meereslandschaft mit Booten auf stürmischer See
Preis auf Anfrage
Provenance
Privatsammlung H. W. Leigh-Bennett, Wickham House (Newbury), ca. 1885
Versteigerung John Morant et al. (Datum unbekannt), Sotheby London, 17. Oktober 1952, Nr. 121 (Fichecollectie Cornelis Hofstede de Groot)
Epoche
17. Jahrhundert
Material
Ölfarbe auf Paneel
Abmessungen
27 x 33.9 cm

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