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Holländischer Louis XV Schreibschrank



Holländischer Louis XV Schreibschrank

Dieses Möbelstück besteht aus einem Unter- und einem Oberschrank. Der Unterschrank, auf konturierten Füßen ruhend, weist vier Schubladen auf. Der Oberschrank hat ein konturiertes Gesims und zwei Türen, die in mit Leisten abgesetzten Paneelen in Rautenform furniert sind. Die übereck angebrachten, abgerundeten Stützen sind mit einem Furnier in einem Fischgratmotiv und mit Messing eingelegten Kanneluren verziert. Auch die Schlagleiste ist verziert, und zwar mit Fischgratfurnier, einer Messingkannelur und einem ionischen Kapitell mit Voluten. Die untere Kante des Gesimses und die obere Kante der Basis des oberen Schranks sind mit Messingleisten versehen. Auch der Unterschrank ist oberhalb der Füße sowie zwischen und oberhalb der Schubladen mit Messingleisten dekoriert.  
Die Schubladen des Unterschranks und die Seiten des Ober- und Unterschranks sind in Rautenform furniert. Der englische Beschlag, das Schlüsselblatt und die Schubladengriffe sind aus Messing.

Im Inneren des Oberschranks gibt es eine ausklappbare und abschließbare Schreibplatte, die auf einer Sprosse ruht. Auf der Außenseite ist die Platte mit Satiné-Holz in Form von zwei Türchen dekoriert, zwischen denen sich oben das Schlüsselblatt befindet. Die Platte wird von vier kleinen Schubladen mit abgeschrägten Ecken flankiert. Oberhalb der Schreibplatte gibt es drei Schubladen und sieben kleine Fächer, die auch „Taubenlöcher“ genannt werden. Darüber erstreckt sich über die gesamte Breite des Möbelstücks ein größeres Aufbewahrungsfach. Die „Taubenlöcher“-Reihe ist wunderschön geformt und hat eine konturierte obere Kante. Das Eichenholz auf der Innenseite aller Fächer ist auffallend mit dunklen Flecken und Tupfen aus Schildpattimitat (?) dekoriert.  
Hinter der Schreibplatte verborgen findet man weitere Schubladen und ein kleines Kästchen mit einem Spiegelfenster. Auch dahinter befinden sich wiederum Schubladen und einige kleine Geheimfächer. Die Schreibplatte ist mit Leder bezogen.

Auf der Rückseite des Möbelstücks ist ein auf 1944 datierendes Etikett des Centraal Museums in Utrecht zu erkennen. Nachforschungen haben ergeben, dass dieses Schreibmöbel während des Kriegs zusammen mit anderen Möbelstücken von Mr. Willem Baron Röell dem Centraal Museum, das in Utrecht über sichere Lagerräume verfügte, zur Aufbewahrung gegeben wurde. Da viele Privatleute diesen Service des Centraal Museums nutzten, waren die Lagerräume schnell voll. Daher suchte man im Laufe des Jahres 1944 für einige Möbelstücke anderweitig nach Lagerraum und fand ihn unter anderem in Schloss Merckenburgh in Heukelum.

Das Schreibmöbel ist auf dem Etikett falsch als „Schrank aus Mahagoniholz mit Kupferbeschlag, Ende 18. Jahrhundert“ beschrieben und datiert, möglicherweise aufgrund der Eile, in der Vieles organisiert werden musste, und wahrscheinlich auch von einem nicht auf Möbelkunst spezialisierten Mitarbeiter. Trotzdem ist dieses Möbel in der Transportliste und der Korrespondenz vom 8. April 1944 über Möbeltransporte zum Schloss Merckenburgh zu finden. In der Transportliste wird es folgendermaßen beschrieben: „Schrank mit zwei Türen, Schubladen und Kupferbeschlag, um 1720 herum“. In der Korrespondenz heißt es: „das zweitürige Schränkchen mit Kupferbeschlag, Anfang 18. Jahrhundert“.

Dieses Schreibmöbel zeigt sowohl in Konstruktion als auch in Verzierung viele Eigenschaften des englischen „bureau-cabinet“ (Schreibkabinetts), das ab ca. 1730 seine endgültige Form erhielt. Der englische Schubladenschrank aus dem 17. Jahrhundert wurde im 18. Jahrhundert mit einem Oberschrank versehen und entwickelte sich zu einer Kombination aus Kommode, Schreibtisch und Schrank.
Die Dekoration bestand in England meist aus schön verarbeitetem Holz, Spiegeltüren und mit Messing eingelegten Kanneluren. Der Möbelmacher John Channing bewies sich vor allem in den Jahren 1730-1740 als Meister im Dekorieren mit Messing. Höchstwahrscheinlich arbeitete auch Abraham Roentgen während seiner Zeit in London (1733-1739) in Channings Werkstatt.
Angesichts der Konstruktion und der dekorativen Merkmale und in Anbetracht der Ähnlichkeit mit Möbeln aus Roentgens Hernhager Periode (1742-1750) könnte dieses Schreibmöbel von Abraham Roentgen während seines zweiten Aufenthaltes in den Niederlanden (1739-1742) gefertigt worden sein.
Englisch inspirierte (sowohl in Form als auch in Verzierung) Möbelstücke waren in den nördlichen Niederlanden und in Nord- und Mitteldeutschland sehr beliebt und gerade das „bureau-cabinet“ in all seinen Variationen war für die wohlhabende Elite des 18. Jahrhunderts das repräsentative Möbelstück.

Dieses Schreibmöbel stammt aus der Sammlung von Mr. Willem Baron Röell (geb. 1897 in Baarn, gest. 1971 in Zeist). Röell, der in Bosch en Duin bei Utrecht wohnte, bekleidete innerhalb der Justiz unterschiedliche Ämter. Das Geschlecht Röell stammt ursprünglich aus Deutschland (Westfalen), wo Johann von Röell (1599-1659) wegen seiner Verdienste im Dreißigjährigen Krieg in den Adelstand erhoben wurde. Johanns jüngster Sohn Hermann Alexander Röell zog 1670 in die Republik der Vereinigten Niederlande und wurde Stammvater des niederländischen Zweigs der Familie. 1815 wurde sein Nachkömmling, der Staatsmann Willem Frederik Röell, in den niederländischen Adelsstand erhoben. Im Laufe der Jahrhunderte stellte die Familie mehrere niederländische Amtsträger in hoher Position, darunter der des Staatsrats und Ministers, und in Funktionen, die mit dem Königshaus in Verbindung standen.

Holländischer Louis XV Schreibschrank
Preis auf Anfrage
Epoche
ca. 1740
Material
Eichenholz, furniert mit Palisander- und Satinéholz; Messingbeschlag
Abmessungen
187 x 50 x 100 cm

Weltweite Lieferung möglich