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Französisches Bureau plat, Louis XIV, Renaud Gaudron zugeschrieben



Französisches Bureau plat, Louis XIV, Renaud Gaudron zugeschrieben

Ein imposantes Bureau plat mit sehr reicher Marketerie, auf acht Beinen. Der
Schreibtisch besteht aus zwei Schubladenblöcken mit je zwei Schubladen. Diese Schubladenblöcke werden jeweils von vier hohen, kunstvoll geschwungenen Beinen getragen, die unten in opulente, hohe, vergoldete Bronze-Sabots in Form von Bocksfüßen, verziert mit Akanthusblättern, münden. Die Beine sind an der Vorder- und Rückseite mit einem vertikalen Messingband versehen, das die elegante Form unterstreicht und die Tischbeine optisch noch schlanker macht. Zwischen den Schubladenblöcken ist eine etwas nach hinten versetzte, breite Schublade zu sehen. Der Aufbau ist auf der Rückseite des Schreibtischs identisch, so dass der Schreibtisch auf Vorder- und Rückseite gleich aussieht, allerdings handelt es sich auf der Rückseite um Faux-Schubladen. Oberhalb der Schubladen befindet sich die überstehende Tischplatte mit einer großen Schreibfläche aus schwarzem Leder innerhalb einer breiten Einfassung mit Marketerie. Die Tischplatte hat abgerundete Ecken und ist rundherum mit einem breiten, vergoldeten Bronzerand versehen, der die Platte sowohl schützt als auch akzentuiert.

Der Schreibtisch ist an allen Seiten mit einem üppigen Dekor aus überquellenden Blumenkörben eingelegt, die von einer Vielzahl von Akanthusblättern, Blumen, Insekten und Maskaronen umgeben sind. Insgesamt entsteht so ein sehr dichtes, aber ausgesprochen elegantes Dekor, das sich durch die ins Detail gehende Qualität der Marketerie auszeichnet, aber auch durch die nuancierte Bandbreite von Kombinationen der verwendeten Hölzer. Daraus resultiert ein sehr kraftvolles, jedoch ausgewogenes und elegantes Ganzes.

Typisch für solche hochwertigen Möbel aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sind die floralen Ensembles, mit denen sie verziert sind. Die floralen Intarsien spiegeln die Sensibilität einer Zeit wider, in der Blumen in hohem Maße bewundert, studiert und gesammelt wurden. Diese Technik scheint ursprünglich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in den niederländischen Provinzen entwickelt und durch das als Tulipomanie bekannte wirtschaftliche Phänomen gefördert worden zu sein. In Paris wurde die Technik vermutlich erst Mitte des 17. Jahrhunderts von dem aus den Niederlanden zugezogenen Kunsttischler Pierre Gole (1620-1685) eingeführt. Ab 1656, dem Jahr, in dem Gole zum „Maître menuisier en ébène et ordinaire du Roi“ ernannt wurde, lieferte er regelmäßig Möbel an wichtige Mitglieder des Hofes. Von seiner Hand gibt es wunderschöne Exemplare mit floraler Marketerie in Holz und Elfenbein, aber auch in Schildpatt und Kupfer.

Während Gole als Pionier den Weg für die Ästhetik floraler Intarsien ebnete, war es eine Generation später André Charles Boulle (1642-1732), dessen Familie ebenfalls aus dem deutsch-niederländischen Grenzgebiet stammte und der diese Technik zu ihrem Höhepunkt führte. Zwischen etwa 1675 und 1700 kultiviert Boulles Atelier einen ganz eigenen, üppigen floralen Stil, während der Meister selbst vor allem Gefallen daran fand, seine Möbel mit einer Mischung aus Holz- und Metalleinlegearbeiten zu verzieren. Einige von Boulles prächtigen Stücken mit floralen Intarsien, wie der große Schrank (1690-1700) in der Eremitage in St. Petersburg oder das berühmte Münzkabinett (1690-1695) von Max Emanuel von Bayern in der Staatlichen Münzsammlung in München, hatten großen Einfluss auf die Entwicklung der Möbelkunst am Ende des 17. Jahrhunderts.

Renaud Gaudron
Stilistisch lässt sich der Schreibtisch dem Werk von Renaud Gaudron (1653-1727) zuordnen. In der Vergangenheit wurden derartig hochwertige Möbel meist André Charles Boulle oder Pierre Gole zugeschrieben. Angesichts der Ähnlichkeit zwischen den dreien hat das Fehlen eines Stempels auf Gaudrons Werk oder weiterer schriftlicher Belege die Fachwelt immer wieder vor Probleme gestellt, was zu einem wachsenden Œuvre von Boulle und Gole und einem sehr kleinen beschriebenen Œuvre von Gaudron führte. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich der Name Gaudron eigentlich auf zwei Männer bezieht, nämlich auf Renaud und seinen Vater Aubertin, die zusammenarbeiteten, bis Renaud nach dem Tod seines Vaters endgültig die Leitung der Werkstatt übernahm.

Aufgrund des großen Mangels an Informationen und Daten zu den Gaudrons wird oft fälschlicherweise Aubertin Gaudron als Lieferant der Garde-meuble zwischen 1686 und 1713 bezeichnet. Bei genauer Betrachtung der bekannten Jahreszahlen lässt sich jedoch nur schlussfolgern, dass es Renaud Gaudron war, der die Möbel für den Hof lieferte. Renaud wurde etwa 1653 als elftes Kind in die Familie Gaudron geboren. Obwohl das Geburtsdatum seines Vaters Aubertin nicht bekannt ist, kann man bei vorsichtiger Vorgehensweise davon ausgehen, dass dieser bei der Geburt seines elften Kindes nicht viel jünger als 30 Jahre gewesen sein kann, was auf ein Geburtsdatum um 1623, wahrscheinlich aber früher schließen lässt. Wenn Aubertin von 1686 bis 1713 Hoflieferant gewesen wäre, wäre er dieser Aufgabe also mindestens von seinem 63. bis zu seinem 89. Lebensjahr nachgekommen, was sehr unwahrscheinlich ist. In einer einzigen Quelle wird für Aubertin Gaudron das Todesjahr 1684 genannt, nach dem sein Sohn die Werkstatt übernahm.  
Als Hoflieferant lieferte Renaud Gaudron 26 Jahre lang einen Großteil des Mobiliars für die königlichen Paläste. Einer umfassenden Studie von J. N. Ronfort und J. D. Augarde zufolge fertigte er zwischen 1686 und 1713 für den Garde-meuble de la Couronne 28 Möbel mit floralen Einlegearbeiten. Darunter befanden sich Tische, Bureaus, Kommoden und Gueridons. Viele seiner Möbelstücke gelangten mit Recht in große internationale Museen wie den Louvre, Versailles, das Metropolitan und das Victoria & Albert.

Der hier beschriebene Schreibtisch zeichnet sich durch seine ausgesprochen grazile Form und seine Abmessungen aus. Aus dieser Zeit sind nur wenige Schreibtische bekannt, die zwischen 6 und 7 Fuß – also 162 bis 190 cm – lang waren.

Literatur:
Pierre Ramond, Chefs d'Oeuvre des Marqueteurs, Des Origines à Louis XIV, Paris, 1994, p. 23-25
J.N. Ronfort and J.D. Augarde, Très Exceptionnel Bureau en Marqueterie de Fleurs, Paris, 9 November 1994

Französisches Bureau plat, Louis XIV, Renaud Gaudron zugeschrieben
Preis auf Anfrage
Provenance
Privatsammlung, New York Galerie G. Sarti, London, 1994 Salomon Stodel, Amsterdam, TEFAF 1997 Privatsammlung, Amsterdam
Epoche
ca. 1700
Material
Kern aus Nuss- und Weichholz, furniert mit Palisander, Buchsbaum, Ahorn, Padouk, Birnen-, Zitronen- und Eibenholz, Knochen, vergoldete Bronze
Abmessungen
78.5 x 180 x 80.5 cm

Weltweite Lieferung möglich


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