Diese Darstellung ist eine ungewöhnliche Interpretation des mythologischen Themas von Leda mit dem Schwan. Wir kennen die Geschichte unter anderem aus Ovids Metamorphosen, die von Jupiters (Zeus') großer Liebe zu schönen jungen Frauen erzählt, die er gerne verführte und dabei unterschiedliche Gestalten annahm. Im Fall von Leda, verwandelte Jupiter sich für seine Verführungskünste in einen Schwan und besuchte sie am Ufer eines Flusses. Leda legte anschließend zwei Eier, aus denen die Zwillinge Castor und Pollux schlüpften.
Seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. war Leda und der Schwan ein beliebtes Thema in der griechischen, hellenistischen und römischen Kunst, insbesondere in der Bildhauerei. In der Renaissance wurde es von Künstlern wie Leonardo da Vinci, der um 1510 eine stehende Leda malte, und Michelangelo, der 1529 - 1530 eine liegende Leda mit dem Schwan malte, wieder aufgenommen.
In der Regel wird das Thema von zwei Figuren dargestellt: von Leda und dem Schwan. Die Bronze von Falconet mit drei Figuren, zwei Frauen und dem Schwan, ist daher eine besondere Interpretation des Themas. Sie lässt sich auf das Gemälde von François Boucher aus dem Jahr 1742 zurückführen, das im selben Jahr im Salon de l'Académie ausgestellt wurde. Dort wurde es sofort von Graf Tessin für Königin Luise Ulrike von Schweden erworben. In Schweden fertigte William Wynne Ryland (1732 - 1783) einen Kupferstich nach dem Gemälde, der die Darstellung allerdings seitenverkehrt zeigt.
Drucke verbreiteten sich schnell und durch ganz Europa, und so gelangte dieser Stich nach Frankreich. Falconet ließ sich 1764 von Rylands Druck für ein Modell für Biskuitporzellan für die Manufacture royale de Porcelaine de France in Sèvres inspirieren, wo er ab 1757 das Atelier für Porzellanskulpturen leitete.
Da eine so offen komponierte Gruppe aus Porzellan à la Boucher wegen der links und rechts hervorstehenden Gliedmaßen der Figuren äußerst zerbrechlich gewesen wäre, änderte Falconet das Ganze so, dass Leda den Hals des Schwans liebkost. Die zweite Figur behielt er jedoch unverändert bei, um die schöne und ausgewogene Dreieckskomposition zu wahren. Nach 1764 wurde das Modell aus Biskuitporzellan auch in Bronze gegossen.
Literatur:
Alexandre Ananoff, François Boucher, dl. I, Parijs/Lausanne 1976
James Hall, Hall’s Iconografisch Handboek, vertaald door Theo Veenhof, Leiden 1993
Edmund Hildebrandt, Leben, Werke und Schriften des Bildhauers E.-M. Falconet 1716-1791, Strassburg 1908
George Levitine, The sculpture of Falconet, Greenwich/Connecticut 1972
Eric Moormann en Wilfried Uitterhoeve, Van Achilleus tot Zeus, De klassieke mythologie in de kunst, Nijmegen 1987, 1995
Pierre de Nolhac, Boucher, premier peintre du Roi, Parijs, 1925
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