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Französischer Louis-XV-Sekretär en pente, J.P. Latz zugeschrieben



Französischer Louis-XV-Sekretär en pente, J.P. Latz zugeschrieben

Der Schreibtisch steht auf eleganten, doppelt geschwungenen Beinen und hat auf allen Seiten gewölbte Flächen. Der schräg zulaufende Deckel kann geöffnet und als Schreibfläche genutzt werden. Die Innenseite ist mit Blumenmotiven aus Rosenholz dekoriert. Im Inneren des Schreibtisches sind drei kleine Schubladen und unten drin befindet sich ein Aufbewahrungsfach, das sich durch ein Schiebepaneel (à coulisse) öffnen lässt.
Die Außenseite des Schreibtisches ist komplett lackiert. Die Flächen mit Landschaften darauf wurden in japanischer Lackarbeit ausgeführt, die uni schwarzen Teile in „Vernis Martin“.
Das Möbelstück wurde entlang der Stützen mit vergoldeten Bronzeschutzrahmen versehen und ist mit reich dekorierten vergoldeten Bronzeornamenten und  Sabots ausgestattet.

Alle Seitenflächen, die Oberseite und der Deckel sind mit orientalischen Landschaften in japanischer Lackarbeit verziert.

An den Bronzeornamenten kann man erkennen, dass Latz Hand an ein Möbelstück gelegt hat, auch wenn es nicht gestempelt ist. Latz war, gemeinsam mit Boulle und Cressent, derjenige Ebenist, der Bronze von höchster Qualität verwendete. 1749 wurde auf Bitten der Bronzegießergilde in der Werkstatt von Latz eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Dabei wurden unterschiedliche Bronzeornamente gefunden, die zeigten, dass Latz für seine Möbelstücke und Uhrenkästen eigene Bronzen gießen und ziselieren ließ. In dem nach der Hausdurchsuchung erstellten Protokoll werden 2288 Modellen und Elementen aus Bronze genannt, die Latz exklusiv für sich selbst zurückbehalten hatte.

Dieser Schreibtisch hat einige Bronzeelemente, die ausschließlich bei Latz vorkommen, und zwar: die 4 Ornamente, die paarweise oben auf dem Schreibtisch angebracht sind; die Ornamente, die auf der Basis des Deckels angebracht wurden und als „chute“ auf die Stütze durchlaufen (selten); das Ornament in der Mitte der Oberseite, das zur Rückseite herunterläuft.

Aufgrund der typischen Komposition und der Qualität der Marketerie auf der Innenseite des Schreibtisches sowie der exklusiven vergoldeten Bronzeverzierung kann dieser Schreibtisch vermutlich Jean-Pierre Latz zugeschrieben werden.

Jean-Pierre Latz (ca. 1691 – 4. August 1754)
Latz wurde in der Umgebung von Köln geboren und zog 1719 nach Paris. Er erhielt 1736 die französische Staatsangehörigkeit und heiratete drei Jahre später die Tochter des erfolgreichen Unternehmers La Coguette. Diese Eheschließung brachte ihm eine Mitgift von 10.000 Pfund und viele Beziehungen innerhalb des Hochadels ein. So sind die Äbtissinnen de Bourbon-Condé und Anne de Rohan bei seiner Hochzeit Trauzeugen. Das ebnete ihm den Weg zu einem fürstlichen Kundenstamm.
Latz erhielt 1741 die Auszeichnung „ébéniste priviligié du Roi“, wodurch er die Möglichkeit bekam, den Beruf des Möbelmachers auszuüben, ohne als „maître ébéniste“ registriert zu sein. Er ließ sich in der Faubourg Saint-Antoine nieder. Latz starb 1754, anschließend führte seine Frau die Werkstatt bis zu ihrem Tode 1756 weiter. Im Laufe der 1740er Jahre stieg seine Produktion stetig an und er belieferte, auch über Marchands-Merciers, reiche Kunden, darunter verschiedene Fürstenhäuser in ganz Europa: König Friedrich II. von Preußen, der König von Polen und der Kurfürst von Sachsen August III., Herzogin Louise-Elisabeth von Parma – die älteste Tochter von Ludwig XV. – und die gesamte französische Königsfamilie (über Antoine Gaudecour, Ebenist der „Garde-Meuble de la Couronne“). Es ist sehr wahrscheinlich, dass er zu Ehren der Hochzeit des Dauphins mit der Infantin von Spanien Möbelstücke nach Versailles lieferte. Bekannt ist eine Kommode (mit Blumenmarketerie auf einem Hintergrund aus Rosenholz), die – sehr ungewöhnlich – IP LATZ gestempelt und auf dem Holz mit der Marke W des Schlosses von Versailles bemalt ist. Die Kommode befindet sich zurzeit in einer belgischen Sammlung.

Nach dem Tod von Latz wurde eine Bestandsliste erstellt, in der 170 Uhrenkästen aufgeführt werden, darunter eine Régulateur de parquet, bestimmt für den König von Preußen, Friedrich II.
Trotz der relativ begrenzten Zahl gestempelter Möbelstücke können sich der perfektionierte Rocaille-Stil und die ungewöhnlich hohe Qualität von Marketerie und Bronzearmaturen bei Latz mit dem Niveau von Bernard II. Van Risenburg (BVRB) messen, wobei festzustellen ist, dass Originalität und Variation sogar höher bewertet werden müssen. LATZ war auch der einzige Ebenist zu Zeiten von Ludwig XV., der hauptsächlich internationale und königliche Kunden hatte, was unter anderem auf die außergewöhnliche Qualität und Originalität seiner Arbeit zurückzuführen ist.

Literatur:
Les Ebénistes français de Ludwig XIV à la Révolution. Alexandre Pradère, Ed
Chêne, 1989 S. 152-161
Le mobilier français du XVIIIème siècle. Pierre Kjellberg, les éditions de l’amateur, 2002, S. 526-536
 
Französischer Louis-XV-Sekretär en pente, J.P. Latz zugeschrieben
Preis auf Anfrage
Provenance
Sammlung Michel Ephrussi, Paris Auktion Galerie Georges Petit, Paris, 22 Mai 1911, lot 66 Lucien Kraemer, Paris 1949 Privat Sammlung, Belgien
Epoche
ca. 1750
Material
Eichen- und Kiefernholzkern; Innenseite mit Rosenholz furniert; auf der Außenseite japanischer Lack und Vernis Martin
Abmessungen
83 x 80 x 38 cm

Weltweite Lieferung möglich


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