Das Uhrwerk hat ein Acht-Tage-Gangwerk mit Ankerhemmung. Das Schlagwerk auf Schlossscheibe schlägt zur vollen Stunde ganz und zur halben Stunde einmal. Die Stunden werden mit römischen und die Minuten mit arabischen Ziffern angezeigt. Das Uhrwerk ist signiert: W.H.K. van der Horst Amsterdam. Van der Horst war um 1790 in Amsterdam tätig und hatte eine Werkstatt in der Warmoesstraat.

Eine außergewöhnlich große, hölzerne Kartelluhr im klassizistischen Stil. Das zentral platzierte Emaille-Zifferblatt mit römischer Stunden- und arabischer Minutenangabe befindet sich in einem Gehäuse, dessen Formgebung deutlich erkennbar auf dem französischen Vorbild basiert. In Frankreich waren während des gesamten 18. Jahrhunderts vor allem Exemplare aus vergoldeter Bronze in Mode. Dementsprechende Stücke wurden bald in die Niederlande exportiert. Da in den Niederlanden kaum Objekte aus vergoldeter Bronze gefertigt wurden, kann diese hölzerne Kartelluhr als eine typisch holländische Interpretation des französischen Vorbilds angesehen werden.
Die Raffinesse der Schnitzarbeiten und die aufwändige dekorative Gestaltung einschließlich des Obstkorbs, der Schleife, an der die Uhr hängt, und des Medaillons sind an niederländischen Spiegeln und den Schnitzereien von Täfelungen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts häufig zu finden.

Beiderseits des Obstkorbs stehen kindliche Figuren, die wie Hirte und Hirtin gekleidet sind. Pastorale Szenen waren im 17. und 18. Jahrhundert sehr beliebt. Die idyllische Landschaft des klassischen Arkadiens, die die Menschen um 1600 durch die Hirtenliteratur kennengelernt hatten, wurde von einfachen Charakteren bewohnt, die ein einfaches Leben führten und oft als Hirten und Hirtinnen dargestellt wurden. Die Reinheit, die sie repräsentierten, galt als Ideal. Dieses Land voller Harmonie und Unschuld war daher der ideale Ort für kleine Kinder, die selbst auch als unschuldig betrachtet wurden.

Der Hersteller dieser Uhr hat sich wahrscheinlich von den Modellen von Delafosse inspirieren lassen. Jean-Charles Delafosse (1734-1791) war der bedeutendste Designer und Dekorateur des 18. Jahrhunderts und spielte eine wichtige Rolle bei der Erneuerung des neoklassizistischen Stils in Frankreich. Delafosse war als Pariser Architekt, Ornamentdesigner und Graveur von zentraler Bedeutung bei der Verbreitung des „goût antique“. Obwohl er 1747 bei dem Bildhauer Jean-Baptiste Poullet (gest. 1775) in die Lehre ging, scheint er seine Ausbildung nicht abgeschlossen zu haben.
Stattdessen konzentrierte er seine Energie auf die Arbeit als Designer und Architekt. Zu diesem Zweck nannte er sich 1767 „architecte et professeur pour le dessin“, als innovativer und radikaler Designer war Delafosse am einflussreichsten. Im Jahr 1768 veröffentlichte er den ersten Band seines wichtigsten Werks, der „Nouvelle Iconologie Historique“, mit 110 Stichen, von denen Delafosse die meisten selbst gestochen hat. Es handelt sich um Entwürfe für Möbel, dekorative Gegenstände und architektonische Ornamente im schweren klassizistischen Ludwig-XVI.-Stil.

Abgebildet in:
Fachzeitschrift ANTIEK, Oktober 1991, S. 171.