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Französischer Ludwig-XV.-„Secrétaire en pente“, Pierre Garnier



Französischer Ludwig-XV.-„Secrétaire en pente“, Pierre Garnier

Ein eleganter Damenschreibtisch mit gewölbten Flächen auf allen Seiten und vier schlanken, doppelt gebogenen Beinen. Der Schreibtisch ist rundherum mit Veilchenholz furniert und in großen, konturierten Kartuschen mit Marketerie aus Veilchenholz dekoriert. Das Innere befindet sich hinter einer schräg angebrachten Klappe und umfasst ein Aufbewahrungsfach für Papiere und drei Schubladen. Der Schreibtisch ist reich mit vergoldeten Bronzebeschlägen mit qualitativ hochwertiger Ziselierung verziert.

Solche Schreibmöbel hatten eine andere Funktion als die viel größeren Schreibtische, die in den Arbeitszimmern zu finden waren. In fast allen Räumen stand ein „Secrétaire en pente“ mit den Dingen, die unbedingt nötig waren, um einen Brief zu schreiben. So konnte man stets in dem Raum einen Brief schreiben, in dem man sich gerade aufhielt.

Pierre Garnier (1726/27-1806) wurde in Paris geboren und in der Werkstatt seines Vaters François Garnier (?-1774) an der Rue du Faubourg Saint-Antoine ausgebildet. François Garnier war von 1742 bis 1744 Mitglied im Komitee der Pariser Gilde der Ebenistenmeister. Daher gehörte er ihr auch am 31. Dezember 1742 an, als Pierre als Ebenistenmeister zugelassen wurde. Pierre war damals nicht älter als 15 oder 16 Jahre.

Pierre Garnier entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu einem der bemerkenswertesten und bekanntesten Pariser Ebenistenmeister. Doch obwohl er einer der angesehensten Ebenisten war, konnte er es sich nicht erlauben, seine Zeit ganz der Möbelfertigung zu widmen. Daher erlernte er zusätzlich das Restaurieren und Umgestalten älterer Möbelstücke. Bekannt war er außerdem als „Loueur de mobilier ordinaire“ (Vermieter von Gebrauchsmöbeln), als solcher konnte er die gesamte Einrichtung eines Hauses zusammenstellen und arrangieren.

Alle Bronzen sind gestempelt C Couronné. Ein Edikt aus dem Jahre 1745 verpflichtete Bronzierer dazu, ihre Werke mit einem kennzeichnenden kleinen Buchstaben zu stempeln: einem c mit einer Krone darüber, die anzeigte, dass der Bronzierer Steuern zahlen musste. Das galt sowohl für Objekte als auch für Möbelstücke, die mit Bronze verziert waren.

Das Zeichen, das nur wenige Millimeter groß ist, war lange Zeit ein Problem für Forscher: Ist es die Signatur des Bronzierers Caffieri, die des Fondeurs Colson oder der Stempel des Möbelmachers Cressent?

Erst in dem Werk „Le Poinçon de Paris“ von Henri Nocq aus dem Jahr 1924 wurde dargelegt, dass es sich um ein Steuerzeichen für bronzene Objekte und Bestandteile handelt, das zwischen 1745 und 1749 verwendet wurde. Wie jede Form von Steuer war auch diese Steuer sehr unbeliebt und es gab viele Gerichtsverfahren von Handwerkern gegen den Staat, in denen dieses Edikt angefochten wurde. Trotzdem wurde es im Februar 1745 offiziell erlassen. Angewandt wurde es auf alle alten und neuen Arbeiten aus Bronze, reinem Kupfer, Gusseisen, Kupferlegierungen, auf geschmiedete, geschliffene, getriebene, geglättete, gravierte, vergoldete, silberne und gefärbte Werke, ohne jede Ausnahme.
Jeder Handwerker musste ins Büro der Stempelzeichen in der „cul-de-sac des Bourdonnais“ im Viertel Halles, um seine Arbeit dort stempeln zu lassen und die Abgabe an das Königshaus zu entrichten. Ein wichtiges Detail: Dies alles spielte sich während des Österreichischen Erbfolgekriegs ab, der Bedarf im militärischen Bereich war damals dringlich. Im Februar 1749 wurde dann der Frieden von Aachen unterzeichnet, woraufhin die Abschaffung von kleineren neuen Steuerbelastungen erfolgte.

Doch in der Zwischenzeit musste das Zeichen auf allen Kupfermetallarbeiten erscheinen, die erstellt oder verkauft wurden. Daher ist es auch möglich, das Zeichen auf Objekten zu finden, die vor 1745 hergestellt worden sind, aber während der besagten vier Jahre auf den Markt gebracht oder neu vergoldet wurden. Das ist beispielsweise bei bestimmten Möbelstücken von André-Charles Boulle aus der Zeit Ludwig XIV. der Fall.

Die lederne Schreibplatte ist mit einem goldenen Allianzwappen geprägt. Dabei handelt es sich um das Wappen der Familie Neufville und d’Aumont. Daher ist sehr zu vermuten, dass das Möbelstück dem Ehepaar Gabriel Louis François de Neufville de Villeroy und Jeanne-Louise-Constance d’Aumont gehörte, das 1747 heiratete.  

Gabriel Louis François de Neufville de Villeroy war der fünfte und letzte Duc de Villeroy, Duc d’Alincourt, Duc de Retz, Marquis de Neufville, Comte de Sault. Er wurde am 8. Oktober 1731 als Sohn von François Camille de Neufville de Villeroy (1700-1732) und Marie-Josèphe (oder Joséphine) de Boufflers (1704-1738), Hofdame von Königin Marie Leszczynska (Ehefrau von König Ludwig XV.), geboren. Am 13. Januar 1747 heiratete er Jeanne-Louise-Constance d’Aumont (geb. in Paris am 11. Februar 1731, gest. in Versailles am 1. Oktober 1816), Tochter des Generalleutnants Louis Marie-Augustin d'Aumont de Rochebaron, Duc d’Aumont, Marquis de Villequier und de Nolay, Baron de Chappes, d’Estrabonne und de Molinot, Pair de France, Premier Gentilhomme de la Chambre du Roi, und von Victoire-Félicité de Durfort de Duras. De Neufville war 1758 Kapitän bei der Garde du Corps du Roi und wurde 1766 Nachfolger seines Onkels Louis als Herzog von Villeroy und auch als Gouverneur von Lyon, Lyonnais, Forez und Beaujolais. Im gleichen Jahr kaufte er das „Hôtel de Beauharnais“ in Paris, wo er auch Eigentümer des „Hôtel de Villeroy“ war. Er wurde 1773 zum Ritter des „Ordre du Saint-Espri“’ und des „Ordre de Saint-Michel“ geschlagen. 1781 wurde er zum Generalleutnant in der Armee des Königs ernannt.

Am 28. April 1794, während der Schreckensherrschaft von Robespierre, wurde „der Bürger“ Gabriel de Neufville de Villeroy, der letzte Spross seines Geschlechts, in Paris guillotiniert. Seine Ehe mit Jeanne d’Aumont war kinderlos. Allerdings hatte er mit seiner Mätresse Étiennette-Marie Périne Le Marquis (1737-1806), der späteren Mätresse des Duc d’Orléans, bekannt als „Madame de Villemomble“, eine 1753 geborene uneheliche Tochter, Anne-Camille, Gräfin de Vassan.

Literatur:
Christophe Huchet de Quénetain, Pierre Garnier, Paris 2003

Französischer Ludwig-XV.-„Secrétaire en pente“, Pierre Garnier
Preis auf Anfrage
Provenance
Seht warscheinlich Gabriel Louis François de Neufville de Villeroy und Jeanne-Louise-Constance d’Aumont, 1747 Privatsammlung, Deutschland
Epoche
ca. 1745
Material
Eichenholzkern, furniert mit Veilchenholz; feuervergoldete Bronze
Signatur
Gestempelt: P. Garnier JME [Unterseite rechts]
Abmessungen
84 x 58 x 40 cm

Weltweite Lieferung möglich